Die Forschenden fanden heraus, dass selbst kurze Programme von weniger als sechs Wochen zu anhaltenden Verbesserungen bis zu einem halben Jahr führen k?nnen. In einem soganannten systematischen Review, einer wissenschaftlichen Methode, die alle relevanten Studien zu einer Forschungsfrage identifiziert, bewertet und zusammenfasst, analysierten sie die Wirkung von zwei Typen mobiler Gesundheitsanwendungen: so genannte Just-in-Time Adaptive Interventions (JITAIs) und Ecological Momentary Interventions (EMIs).

?Digitale Interventionen wie JITAIs und EMIs bieten personalisierte psychologische Unterstützung im Lebensalltag“, sagt Ulrike von Lützow aus Bamberg, Erstautorin der Studie. ?In unserem Review haben wir Studien inkludiert, die diese Gesundheitsinterventionen in Alltagssituationen von Menschen mit und ohne psychische Krankheitssymptome experimentell testen.“

Kleine Interaktionen im Alltag

Die Apps setzen dabei gezielt Impulse, die Nutzerinnen und Nutzer zur passenden Zeit erreichen – etwa durch eine Erinnerung an eine Atemübung, eine kurze Reflexionsaufgabe oder das Erfassen der aktuellen Stimmung. Durch die Einbindung solcher Mikro-Interaktionen in den Alltag – meist über Smartphones, Smartwatches oder andere mobile Ger?te – k?nnen psychologische Strategien, wie sie etwa aus der kognitiven Verhaltenstherapie oder Achtsamkeitstrainings bekannt sind, flexibel und niedrigschwellig unterstützt werden.

EMIs?greifen dabei in festen Intervallen oder nach vorgegebenen Abl?ufen in den Alltag ein, beispielsweise wenn eine App jeden Abend um 20 Uhr an eine kurze Dankbarkeitsübung erinnert.?JITAIs?hingegen reagieren dynamisch auf die jeweilige Situation der Nutzerinnen und Nutzer: Eine App k?nnte etwa dann eine Atemübung vorschlagen, wenn sie über Sensoren oder Aktivit?tsmuster erkennt, dass der Puls erh?ht ist oder sich gewohnte Routinen ?ndern.

Signifikante Verbesserung bei Angst und Depression

Das in BMJ Mental Health ver?ffentlichte Systematic Review mit Meta-Analyse untersuchte 23 internationale Studien mit insgesamt 2.563 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. W?hrend die Auswirkungen auf allgemeines psychisches Wohlbefinden – wie Lebenszufriedenheit oder Selbstwirksamkeit – moderat waren, zeigten sich signifikante Verbesserungen bei Symptomen von Angstst?rungen und Depressionen. Die Analysen zeigten zudem, dass selbst kürzere, stark personalisierte Programme besonders wirksam sein k?nnen, um langfristige Verbesserungen zu erzielen. ?Das deutet darauf hin, dass schon eine kurze, aber gezielte digitale Unterstützung ausreichen kann, um nachhaltige Effekte anzusto?en“, sagt Nathalie L. Neuendorf, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Digital Health Communication.

Die Ergebnisse unterstreichen das Potenzial mobiler Gesundheitstechnologien als Erg?nzung zur klassischen Therapie: ?Diese Interventionen k?nnen professionelle Unterstützung im Alltag zug?nglicher und skalierbarer machen. Gleichzeitig brauchen wir klarere Standards für die Entwicklung und Erprobung solcher Tools“, erkl?rt Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Sebastian Scherr. Zukünftig sollten digitale Interventionen anhand transparenter Entscheidungsregeln, etwa für den Zeitpunkt und die H?ufigkeit solcher Impulse, einheitlicher bewertet werden k?nnen. Dies würde dazu beitragen, die Konsistenz klinischer Studien sowie die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erh?hen.

Die Ver?ffentlichung

Von Lützow, U., Neuendorf, N. L., & Scherr, S. (2025). Effectiveness of just-in-time adaptive interventions for improving mental health and psychological well-being: A systematic review and meta-analysis. BMJ Mental Health, 28(1), e301641. https://doi.org/10.1136/bmjment-2025-301641